Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
237. Volmar an Nassau Osnabrück 1647 Februar 4
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Osnabrück 1647 Februar 4
Eigh. Ausfertigung: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
Beschwerde gegen das ‚Judicium theologicum‘.
Euer Excellenz schreiben vom 1. diß sambt eingeschlossnem iudicio theolo-
gico
Wahrscheinlich das Ende 1646 gegen den Willen des Autors Heinrich von Wagnereck SJ
(1595–1664; 1611 SJ; 1642 akademischer Kanzler an der Hohen Schule von Dillingen)
( ADB XL S. 590 ) und unter Pseudonym veröffentlichte Iudicium theologicum super
quaestione, an Pax, qualem desiderant Protestantes sit secundum se illicita? Ex Principiis
Christianis, sententia veteris Ecclesiae, Summorumque Pontificum deductum: Iis qui
publice tractant, conscientiam suam curant, aut alienam dirigunt, lecto utile ac necessari-
um ; Opera ac studio Ernesti de Eusebius civis Romani; Sumptibus et Typis Theodosii de
Sicecela Armena. Ecclesiopoli ad Insigne pietatis. Anno 1646 (vgl. eine dt. ÜS o. J.:
Praeliminaria Pacis III S. 173–245; eine lat. Ausgabe von 1648: Flugschriftensamm-
lung Gustav Freytag 5794) ( Ritter , Kirchenrecht S. 256–269; Sommervogel IX Sp.
982–984; Duhr II.1 S. 472–493; Eckhardt S. 174–190; Dickmann S. 413, 571–572).
gen , und zwar berüertes iudicium schon zuvor allhie unter handen gehabt. In
denn schuelen und auß denn clöstern ist von dergleichen sachen guett zu
schreiben, aber diejenige, so bei denn regimentswesen interessirt seind,
werden offt zu andern resolutionibus zu greiffen benöthigt, als wie es in die
schulen dictirt mag werden. Denn dort geschehen die oppositiones allein mit
wortten, hier mit dem degen. Neben dem befinde ich in disem scripto
underschiedliche hypotheses, so gar leicht refutirt werden mögen. So ist auch
nit gnug, daß man sagt, „Papa non consentit, ergo Caesar facere non potest“.
Wenn der Papst nit consentiren will, so muess er auch die mittl zeigen, wie
man sein dissensum manteniren soll. Aber da ist niemandt ze hauß. Hett der
papst Urbanus sein unnöthigen krieg contra Parmensem unterlassen
Maffeo Barberini (1568–1644); 1604 Ebf. von Nazareth, 1604–1607 Nuntius in Paris, 1606
Kardinal, 1608–1617 Bf. von Spoleto, 1611–1614 Legat von Bologna, 1623 Papst (Urban
VIII.) ( LThK X Sp. 547–548). – Im Castro-Krieg 1641–1644 gegen Hg. Eduard I. Farnese
von Parma (1612–1646; 1622 Hg.) hatte er erfolglos versucht, das von Parma lehensabhängi-
ge Hgt. Castro für seine Nepoten zu erobern ( HEG III S. 897).
vil millionen, so er auß dem kirchenschatz verthan – allein propter ambitio-
nem suorum nepotum – dem Kayser contra haereticos spendirt, so wurde
man villeicht disem iudicio theologico nachgehen mögen. Aber noch wun-
derlicher ist, daß dise theologastri so meisterlich mit der feder disputirn,
kayser, könig, potentaten, chur- und fürsten der ungerechtigkheit und
unwissenheit straffen, umb widereroberung der pfaffenpfruenden landt und
leüt erkriegen, allen ihren standt undt weesen, leib, guett und bluett auffset-
zen , ja gar daß exilium auff sich nemmen machen wollen, und will doch
keiner von diesen hochweisen schuelmaistern daß exemplum sanctorum
apostolorum et martyrum ergreifen und sich unter die haereticos wagen, sie
umb ihre ungerechte lehr straaffen, die catholische wahre mit predigen,
lehren und heyligem leben unter inen kundtbar machen. Gewißlich, wann
die heylige lehre zu unserer vorelter[ n ] zeitten auf solche manier gebraucht
und [ diese ] nur zu hauß gebliben und sich nit unter die heidenschafft gewagt
hetten, so wurde der catholische glaub wol nimmermehr in der weit bekandt
worden sein. Denn diß ze thun ist vom kayser niemaln verbotten worden,
und wan ers schon verbietten thet, so weiset doch diß iudicium theologicum,
daß man disem verbott zu gehorsamen nit schuldig wer. Ich lasse mich also
dasselb wenig irren. Köndt ich mit hinderlassung bisthumb und clöster
helffen frid machen, so wolt ichs kein stundt uffhalten; hoffte auch, dessen
vor Gott und aller welt gnugsamb entschuldigt ze sein.